Sängerfahrt 2021 – Gedicht

Auch im Jahr 2021 fand wieder unsere traditionelle Sängerfahrt statt. Als Vorgeschmack auf die weiteren Berichte hier vorab ein Beitrag aus dem diesjährigen Kulturprogramm.

Ein Sängerfahrtsbericht in Form eines Gedichts

von Michael Beilig

Anreise

Zur Fahrt der Sänger ward geladen
wie’s lang schon guter Brauch
und los ging’s dort, wo einst in Schwaden
entließen Loks den Rauch.

Manch Abenteuer schon begann
genau an diesem Orte,
normalerweise unterm Strick,
doch diesmal vor der Pforte.

Mit Karo im Gepäck und Hut
ein Fink den andern grüßt
und lang ward’s nicht, bis Fink um Fink,
das erste Bierchen fließt.

Mit Vehemenz, im Zorne fast,
es drang aus Norberts Munde,
nicht eine Bitte, nein ein Bann,
dass fortan Stund um Stunde,
dies unglückselig Wort mit C,
das schall aus jeder Gasse,
im Ansatz auszusprechen nur
ein jeder unterlasse.

In Reih und Glied stand Aspirant
und Pate hinterdrein,
nun kam es auf die Länge an,
doch nicht was ihr denkt, nein.
Einsfünfzig galt als Gardemaß,
dem Abstand sollt es dienen,
zu lang, zu kurz, zu dick, zu krumm,
so wurde es beschieden.

Weil ohne Last zu laufen sich
für Neulinge nicht schicke,
wurd’ kurzerhand ihm überreicht
ein Pappkarton am Stricke.

Um’s Kandidatenwohl besorgt
war stets das Komitee,
drum gab’s zum Schutz vorm Aerosol
und auch vor ABC
’ne Maske, die zwar nicht ganz neu,
doch auch nicht grade ranzig,
zum Schnäppchenpreis von 15 EU,
„die meisten geben zwanzig“.

Die Zugfahrt konnt’ beginnen nun,
dass man sich trefflich schütze,
trug man mit Filter aufgeschraubt
die graue Gummimütze.

So saß die Finkenschar beisamm’
und niemand ward alleine,
bis dass die Eisenkutsche hielt
am königlichen Steine.

Dort stieß der Leitfink auch hinzu
von dem Geschlechte Schlögel,
und wies kurzum zum Sange an
das Heer der Finkenvögel.

So flog ein Lied ums andre fort,
die Stimmung zu erhellen,
denn aus des Himmels Toren rann
aus unersättlich’ Quellen,
zu diesem Zeitpunkt maßvoll nur
das Nass aus dunklen Wolken,
es ahnte niemand nur die Spur,
welch Sintflut sollt noch folgen.

Nach spritzig, kurzem Fußmarsch nur
so mancher still frohlockt,
denn weithin sah man wartend schon
zwei rote Doppelstock.

Die schlängeln sich bergauf, bergab,
durchs traute Sandsteinland
und wer zum Jubiläum da war, sah,
dass ihm der Ort bekannt,
an dem der Tross zum Halten kam.
Man rief „hier sind wir richtig“,
doch nicht der Ort nur, siehe an,
nein auch das Wetter glich sich.

Rast

Die Energie, die ein Fink braucht,
wird flüssig meist getankt,
doch auch bei Fettbemm’, die’s nun gab,
wurd’ kräftig zugelangt.

Ein standesechter Tankvorgang
auf einer Sängerfahrt
bedarf des eig’nen Bergfinkglas,
das nun erstanden ward.

Der Treibstoff wird normalerweis
im Angesicht von Blut und Schweiß
dem ärgsten Gipfel abgerungen,
die Neuaufnahmen sind heilfroh
wenn endlich es gelungen.

Doch da die Felsen weit und breit
nur weichen Sandburg’n glichen,
wurd’ kurzerhand improvisiert,
das Klettern ward gestrichen.
Stattdessen wurd’ als Polonais’
das Areal durchschritten,
mit Sing und Sang und Pfützentanz
der Heidi an die – Schultern.

Gehüllt in Plan, Membran und Zelt
setzt sich in Gang die Herde
und quert gekonnt ’nen Pfad durchs Feld
knietief durch Mutter Erde.

Wer diesem Moor entkam,
der stapfte dienstbeflissen
zum Gipfel hin in Zellophan
das Wetter blieb beschaulich.

Am Papst

Ein Standardregentropfen fällt
vom Kopfe Richtung Fuße,
nur dass der Regen auf dem Papst
vom Standard schier nichts wusste.

So schoss von links nach rechts das Nass,
von unten gar nach oben,
doch hielt selbst dieser Umstand uns nicht ab,
das Gold im Glas zu loben.

Ein Sange folgt dem Bier, dem Bier ein Sang,
so trinkt und klingt man munter,
im SingSang-TrinkTrank-Schwang alsdann
man wieder steigt herunter.

Ein manches Liederbuch danach
war sicher ruiniert,
wenn man nicht vorab Seit um Seit
es hatte laminiert.

Einkehr

Nun ist vom Temperamente her
ein Bergfink nicht bequem.
Im Gegenteil, es drängt ihn stets
zur Qual an Fels und Höh’n.

Und nicht im Ansatz schert es ihn,
ob nass ihm das Gefieder.
Doch diesmal, woll’n wir ehrlich sein,
ging’s nicht spurlos vorüber.

Es schmatzt der Schuh, es trieft die Nas’,
es klebt am Bein die Hos’,
es hält die Hand ganz starr das Glas,
es wächst am Haupt schon Moos.

So traf man ein im Domizil
mit Akronyme ERNA
und zog zurück sich in die Stub
auf das es würde wärmer.

Ein fröhlich Abend stand bevor
mit manch gesung’ner Zeile,
doch bis dahin stand jedem frei
zu nutzen klug die Weile.

Und weil schon klar war, dass erst spät
wohl enden würd’ der Fluss vom Biere,
schien es nur sinnvoll, wenn man nun
sich angemessen präpariere.

So, Berg- um Bergfink, ritze ratze,
heimlich schlich auf die Matratze
und träumt von manch bezwung’nem Wege
bei der verdienten Augenpflege.

(Be)Im Abend(b)rot

Als fast schon sechs die Kirchuhr schlug,
war’s aus mit Bettenprobe
und jeder Sangesbruder trug
nun Abendgarderobe.

Der Oberleib, der ward gehüllt,
so ist es Tradition,
in Tischtuchton, in reinstes Weiß,
sonst droht Inquisition.

Auch diesjahr wurde sich erdacht
ein Sängerfahrtsprogramm,
aus der Gemeinschaft kreativ
so manche Perle klang.

Die Schlange vor der Pastakutsche glich
’ner „Seilschaft bis zum Mond“
statt Pastakutschenketschup gab es Qualität,
das Warten also lohnt.

Es scheint, dass 2020, trotz aller Widrigkeiten,
ein durchaus fruchtbar Jahr,
denn rund der Chor und prächtig trächtig
acht Frischlinge gebar.

Ein jeder Neuankömmling wurd’ alsdann
bekannt gemacht dem Chore,
mit Name, Hobbies, Laster, Zwang,
zu hören für jedes Ohre.

Und auch ein jeder Neuling selbst
empfahl sich kurz rundum,
doch einer, der war komisch drauf,
hing sich die Klampfe um.

Dann schrie er „Helft“ und sang davon,
dass ihm am Felsen bange,
zum Schluss ein roter Adler stieg,
ich glaub, der macht’s nicht lange.

Es folgte ein Arrangement,
das Leben führt’ Regie,
das stellte dar in Vers und Sang
die Qual’n der Pandemie.

Aus Leos Feder aufs Papier,
von dort ins Haupte dann,
der Gunter sprach: „Es kotzt mich an,
dass ich zur Zeit nicht klettern kann.“

Dem Verdi-Kenner wohl vertraut,
klang klagend dann zum Ohr
die wohlbekannte Melodei
von dem Gefang’nenchor.

Die Audienz erst lauschte fromm,
am Ende gab’s Gejohle,
bei Händels Satz mit Neuberts Text,
dem Lied der Aerosole.

Wer trotz des reichlich Bierkonsums
noch klare Blicke hatte,
sah Uli, Gockel Seit’ an Seit’
mit Uhren Ticketacke.

So floss die Zeit dahin im Nu,
dahin floss auch das Bräu,
und Stund um Stunde trennte sich
der Weizen von der Spreu.

Bandoneon und Klampfen zwei
umrahmten manches Lied
bis auch der letzte ging zu Bett,
in Ruhe und in Fried.

Zweiter Tag

Vom zweiten Tage sei an dieser Stell
nichts weiter hier verraten,
denn auch die Neuaufnahme diesjahr soll
voll Spannung ihn erwarten.

Nur soviel vielleicht doch vorab:
Noch keiner ist gestorben.
Doch wenn ich’s Recht mir überdenk –
egal, wir seh’n uns morgen.