Sängerfahrt 2020

Auch in diesem Jahr wurde unter Beachtung sämtlicher Pandemievorkehrungen eine SÄNGERFAHRT durchgeführt. Einen Einblick in unser heiß geliebtes STIFTUNGSFEST geben folgende Erlebnisberichte unsere neuen Bergfinken Enrico und Jens.

In Gänze wurden jedoch ganze Acht neue Sänger mit einem Durchschnittsalter von 43,25 Jahren als Bergfinken aufgenommen.


Meine schönsten Erinnerungen

Sängerfahrt 2020

von Enrico

Wir sind am Samstagmorgen am Hauptbahnhof Dresden gestartet. Zuerst habe ich mir erklären lassen, was der sogenannte Strick ist. Es war nämlich gesagt worden, wir würden „unter dem Strick“ eine Maske tragen müssen. Was es mit dieser Maske auf sich hat, soll in dieser Geschichte außen vor bleiben. Ich habe also gelernt, der Strick war einmal ein Seil an dem ein Leuchter von der Kuppel der Bahnhofsvorhalle herabhing, bis dann irgendwann der Leuchter fehlte und später auch das Seil verschwand. Nun hatte ich also erst durch diese Sängerfahrt die Gelegenheit, mich einmal „unterm Strick“ zu verabreden. So, wie es bisher viele andere Dresdner schon gemacht hatten. Aber das nur am Rande. Es ist Sängerfahrt und da wird gesungen und die neuen Choranwärter werden geprüft. Wir haben uns alle vor dem Haupteingang aufgereiht und zur Einstimmung ein paar Lieder gesungen. Da stehen also ca. 80 Mann in Wanderkleidung, manche mit Stock, viele mit Hut und singen das die Leute ringsum stehen bleiben. Die Zuhörer hatten so viel Freude, dass es auch einen kleinen Applaus gab. Dann erhielten wir Anwärter unsere Aufgaben und Auflagen und alle brachen gemeinsam mit dem Zug ins Ungewisse auf, denn das Ziel der Reise ist immer nur dem Orga-Team bekannt. So beobachteten wir Sänger, wie uns erst der Zug nach Königstein und dann der Bus nach Papststein führte.

Die Fahrt ins „Blaue“

Dort angekommen, wanderten wir auf den Papststein. Unter den Wetterbedingungen fühlte ich mich an einen zig Jahre zurück liegenden Marsch bei der Fahne erinnert. Die Beine waren schwer und die Atmung tat es ihnen gleich. Unter der Regenkleidung wurde Hitze groß und stieg am Hals als Dampf auf. Dann schlug sie sich als Dunst auf der Brille nieder. Aber ich wusste, die guten Alten waren vor mir. Da kann man nicht bummeln. Oben an der Einkehr konnte ich mich dann im Getöse des stark auffrischenden Windes und den umher peitschenden Regentropfen abkühlen. Und während vom Bier befeuchtete Kehlen fröhlich Lieder erklingen ließen, wurde ich wieder fröhlich und war zufrieden. Gab es denn auch begeisterte Zuhörer und ich wusste, dass ich auf dem richtigen Weg war.

Nach ein paar Liedern und noch mehr Bieren, stiegen wir ausgeruht und neugierig vom Berg ab hinunter zum Parkplatz, wo wieder der Bus auf uns wartete. Noch wusste keiner, dass die Fahrt zum Kinder- und Jugenddorf ERNA ging. Dort bezogen wir unsere Zimmer in einfachen Ferienhäusern, die man zur Zeit des Ährenkranzes wohl noch Bungalow nannte und bestimmt einst regelmäßig Pioniere beherbergten. Jedenfalls war erst einmal ein kleines Nickerchen nötig, denn die kalten und nassen Kleider, die Biere und das Wandern haben mich gefordert. Der Abend begann dann nach dem Schlaf aufgefrischt mit einem wunderbaren Mahl. Das Orga-Team hatte einen Suppenwagen mit Gulaschsuppe und einen Pastameister verpflichtet. Alle, mit denen ich sprach, waren genauso wie ich sehr mit der Suppe zufrieden aber auch von dem Pastameister beeindruckt. Denn der bereitete alles frisch zu, sogar die Nudeln — aus dem Foodtruck! Als alle gut gestärkt waren und gut getrunken hatten, gab es die Vorstellung der Anwärter. Jeder Anwärter hatte Wochen vorher eine kurze Beschreibung seiner Interessen und seiner Motivation für die Chormitgliedschaft formuliert. Leo und Gordon stellten jeden wechselweise vor, indem sie geschickt von jedem eine kleine Geschichte daraus improvisierten, die allen im Saal viel Spaß machten. Die Aufmerksamkeit der anderen Sänger war groß und jeder Anwärter wurde mit Begeisterung begrüßt. Dieser herrliche Moment wird mir sicherlich lange in glücklicher Erinnerung bleiben. Darauf folgte dann das Sängerprogramm. Einige aus dem Chor hatten in den Wochen davor besondere Lieder einstudiert. Auch wenn ich nicht immer sagen konnte, was original war, so war eines ganz sicher: es war immer originell. Ich erinnere mich besonders an ein „Grusical“. Das war eine Geschichte aus unserer Gegenwart, die sich durch verschiedene bekannte Chorlieder zog. Besonders eine Adaption von Händels „Halleluja“ hat mich begeistert. Die Musik hat mit dem neuen Text so prima harmoniert, dass es nicht nur mich vom Sitz gerissen hat. Damit ist sicherlich ein hoher Maßstab für die nächste Sängerfahrt gesetzt worden. Ein anderer Beitrag hat ebenso alle überrascht und begeistert. Er wird vielleicht als der erste Programmbeitrag in die Chorgeschichte eingehen, der von einem Anwärter vorgetragen wurde. Micha hat seine erste Klettererfahrung auf der Melodie vom Beatles-Stück „Help“ erzählt. Hilfe hatte er genau so nötig wie ich, denn wir beide waren an dem Tag, von dem seine Geschichte erzählte, mit anderen Bergfinken am Fels — zum ersten Mal. Anders als der feste Fels fühlten sich unsere Knie und Griffe weich wie Butter an. Weich waren die Knie auch ein bisschen, als am nächsten Morgen die Aufnahmeprüfungen der Anwärter beginnen sollten. Viele Bergfinken hatten uns Neulinge in den Tagen davor schon schön vorgespannt und Unsicherheit in uns geschürt. Man muss wohl davon ausgehen, dass jede nächste Sängerfahrt die vorherige darin zu übertrumpfen sucht, den starken Willen und die ernst gemeinte Bereitschaft der Anwärter zu prüfen, wirklich in den Chor zu kommen. Na vielleicht übertreibe ich hier wenig…

Hier ist nicht nur Fitness gefragt, …

Auf jeden Fall wurde die ganze Mühe und Anstrengung schließlich ehrlich und herzlich entlohnt. Denn wir Neuen wurden nicht nur mit Urkunde und Anstecknadel im Chor empfangen. Und das war das Einzige, was ich erwartet hatte. Wir wurden außerdem von allen und jedem bisherigen Chorsänger persönlich mit Handschlag und voller Freude begrüßt. Das gab mir ein starkes Gefühl der Verbundenheit und Freundschaft, die also alle Sänger im Chor teilen.

Danke Bergfinken!


Sängerfahrt eines 100jährigen!

von Jens

Anlässlich dieses Jubiläums trafen sich 78 Bergfinken am Samstag, dem 26. 09.2020, 9:01 vor dem Hauptbahnhof. Nach einigen Liedern zum Munterwerden wurde den Jungfinken in Spe die erforderliche Schutzausrüstung für diese Fahrt ausgehändigt. Sie waren für die gesamte Fahrt mit kreativ gebauten Messvorrichtungen für den richtigen Abstand der Teilnehmer verantwortlich. Neuaufnahmen in den Chor erfolgen lediglich zu dieser jährlichen Veranstaltung. Historische Festungsbusse warteten bereits in Königstein auf die Bergfinken, welche sie zur Schule nach Papstdorf brachten. Hier wurden den Choraspiranten die eigens gravierten Jubiläums-Chorgläser überreicht.

Immer auf den Abstand achten …

Diese füllten die Altfinken während einer Polonaise der Neuaufnahmen mit entsprechendem Inhalt. Nach vergeblichen Lockversuchen und Einschmeicheln bei der „lachenden Sonne“ und einer Stärkung mit Schmalzstullen und Hopfensaft ging es auf zur Besteigung des Papststeines. In Anbetracht der Wetterlage war die Aussicht auf dem Gipfel etwas eingeschränkt. Aufkommende Winde und nicht nachlassender, waagerechter Dauerregen ließen sogar die besten Regenjacken Schwächen zeigen. Dies tat jedoch der Stimmung und der Sangesfreude der Bergfinken keinen Abbruch. Die lautstark vorgetragenen Lieder senkten die Stimmung nicht. Während sich die Altfinken in der Hütte etwas stärkten, erschallten außen weiter die gewohnten Berglieder.

Aufstieg …

Nach dem Abstieg konnten sich alle Bergfinken in der Unterkunft, der ERNA in Papstdorf trocknen. Mit Jubiläumsglas, eigenem Besteck und weißem Hemd trafen sich alle Bergfinken zur gemeinsamen Abendveranstaltung. Nach zünftigem Wildgulasch und gefühlt, ewig nicht weich werdender Pasta wurde mit Gitarren und Bandoneon das Kulturprogramm eröffnet. Mit einer tollen musikalischen Bewerbung eines Neufinken begann die detailgenaue Vorstellung der Neufinken und deren Beweggründe für ihre Eintrittsabsichten. Dabei stimmten die Bergfinken über die Aufnahmeaussichten der einzelnen Bewerber ab. Bei weiteren hervorragend gestalteten und sehr zeitbezogen, aktualisierten Texten blieben die „Aerosole“ auch nicht außen vor. Nach gemeinschaftlich erklungenen Liedern verstummten die letzten Kehlen erst, als sich der Himmel leicht erhellte. Sonntag, 10:00 Uhr Danksingen an den Wettergott, dass er sein Weinen eingestellt hat, eventuell haben die Bergfinken letzten Abend doch nicht so schlecht gesungen. In Vorbereitung der Aufnahme der Neufinken wurden diese auf den Kampf mit dem inneren Schweinehund vorbereitet. Zusammen mit ihren Paten vollzogen diese unter Anleitung von Norbert eine körperliche Stählung für eine Begegnung mit diesem Gegner. Nach einer kritischen Prüfung der Kenntnis der Marschrichtung durch die gestandenen Bergfinken, hatten sich alle 8 Bewerber als geeignet erwiesen und wurden als Erstfinken in den Bersteigerchor aufgenommen. Die jetzt doch vermehrt rauchig klingenden Stimmen konnten ab Mittag auf dem Ausflugsschiff „Bastei 2“ mit kühlenden Getränken geschmiert werden. Gesättigt erklangen Berglieder während der Fahrt durchs Felsgebirge und honorierte ebendiesem mit kräftigen Stimmen. Eine Versteigerung von Liegengebliebenem, diversen exotischen Exponaten und imateriellen Nachlaßwerken füllte die Chorkasse für die nächste Fahrt. Auf Grund der geschlossenen Erfrischungseinrichtung in Obervogelgesang, traten müde, aber zufriedene Bergfinken den Heimweg an. Ein großer Dank geht an das Organisationskomitee, welches trotz allgemeiner Umstände herausfordernden Wetterbedingungen eine gelungene Sängerfahrt organisierte.

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