An die 70 Bergfinken und 8 Kandidaten für eine Neuaufnahme starteten am 26. September mit zwei Bussen vom Dresdner Hauptbahnhof in zunächst unbekannte Richtung. Bald war klar, dass es nach Südosten in das Zittauer Gebirge ging. Für die kommenden zwei Nächte waren wir im „Gästehaus am Oberlausitzer Dreieck“ (nahe Jonsdorf) untergebracht.
Als die letzten Lieder am Freitag-Abend verklungen waren, fielen wir müde in unsere Betten, mussten aber beizeiten wieder raus, denn Zeremonienmeister Norbert hatte den Start in eine lange Tagestour bereits auf 9 Uhr gelegt. Und tatsächlich hatte es der vor uns liegende Tag in sich. Unser Wanderpensum war eher gering, aber jeder Anlaufpunkt wartete mit besonderen abenteuerlichen und kulturellen Beiträgen auf und wollte von uns genossen werden – und das brauchte eben Zeit.
Nach einem kurzen Spaziergang durch den Wald über die Zeißigsteine gelangten wir zur Pension Bergfreund am Rande von Jonsdorf. Dort erhielten wir neben Kaffee, Bier und Pfannkuchen (die hatte natürlich Bernhard besorgt) das diesjährige Sängerfahrtsgeschenk: Bierpfützen im Chorproben-Raum dürften damit der Vergangenheit angehören.
Hier und bei jeder sich bietenden Gelegenheit waltete der neu gekürte Schatzmeister Peter Heise mit Phantasie und Durchsetzungskraft seines Amtes: „Was ist dir das wert?!“
Den Mittag verbrachten wir am Berggasthof Nonnenfelsen – natürlich mit Gesang und Bier.
Höhepunkt hier: eine Mutprobe, ein Drahtseilakt für die Neuaufnahmen. Jeder von uns, der so etwas noch nie gemacht hatte, musste für den ersten Schritt einige Überwindung aufbringen. Wir fühlten uns jedoch gut aufgehoben zwischen Bergfinken mit Klettererfahrung. Danach hatten sich alle, Seilakteure und Zuschauer ein Bier verdient und es wurde gesungen. Was gibt es auch Schöneres als die Vereinigung von Gesang und Wandern unter dem blauen Himmel eines sonnigen Wochenendes mit einem Getränk in der Hand, das die Lieder erst so richtig aus dem Herzen kommen lässt.
Weiter ging es im Wechsel bergauf und bergab zu den Resten eines der zahlreichen oberlausitzer Vulkane. Wir wurden mit dem Anblick seltsamer Orgelpfeifen aus 30 Millionen Jahren altem, gesintertem Sandstein belohnt. Aus der Ferne grüßte die Lausche zu uns herüber.
Wenig später waren wir am „Schwarzen Loch“ angelangt, wo wir von Mitgliedern des Gebirgsvereins Jonsdorf empfangen wurden. Nach einem Imbiss wartete ein Höhepunkt ganz besonderer Art auf die Bergfinken: Ein Drama um Störtebeker, der sich auf Landgang befand und seine Liebste mit nicht ganz fairen Mitteln für sich gewinnen wollte. Wie in der griechischen Tragödie, kommentierte ein Chor die dramatische Handlung. Diese Rolle lastete auf den Schultern der acht Neuaufnahmen. Rund- und Reigentänze aufzuführen, wie sonst üblich, wurde uns zum Glück erspart.
Und wie üblich in der Tragödie endete das Stück damit, dass einer der Helden ums Leben kommt. Bei uns war es leider Marcus, der lediglich den unschuldigen Wirt spielte. Ungerührt blickten die steilen Wände des alten Mühlrad-Steinbruchs auf das Opfer, das am Ende von einer Freikugel zu Boden gestreckt wurde – tragisch!
Der Samstag-Abend war, wie es sich bei den Bergfinken gehört, mit viel Gesang angefüllt. Unvergesslich bleiben mir ein hervorragendes Liedprogramm des „Doppelquartetts“ und der Auftritt von René mit Matze mit einem Lied in oberlausitzer Mundart.
Dank auch an Leo und Gordon, die mit Witz und Wohlwollen uns „Neuaufnahmen“ an diesem Abend vorstellten.
Der Sonntagmorgen begrüßte uns mit unschuldig blauem Himmel, doch uns Neuen stand nun eine schwere Prüfung bevor. Immer wieder wurde uns versichert: „Nein – in diesem Jahr möchte ich nicht aufgenommen werden.“
In den Gesichtern der Sangesfreunde war dann viel Erwartungsfreude zu lesen, als wir acht „Novizen“ in Anzügen wie vom Mars gefallen mit einem Glas Berliner Weiße angetreten waren.
Darüber zu berichten, was sich dann unter dem strahlenden Sonntagshimmel auf einer frischgrünen Wiese abspielte, verbietet mir mein Schamgefühl. Nur soviel: Es war ein kurzes aber intensives Aufnahmeritual.
Die Belohnung folgte auf dem Fuß. Endlich waren wir echte Bergfinken. Die herzlichen Worte von Stefan und die unzähligen Umarmungen und geschüttelten Hände haben jeden von uns Neuen in diesem Moment der Erleichterung berührt.
Nach erfolgreich überstandener Aufnahme folgte ein entspanntes Fußballspiel, dessen Spaßfaktor von zügelloser Korruption in die Höhe getrieben wurde. Der neue Schatzmeister kam mit dem Geldzählen kaum noch nach.
Der restliche Sonntag sollte der Erweiterung unseres Horizonts in Sachen Bierherstellung gewidmet sein. In der Landskron-Brauerei Görlitz lernten wir, dass erst die traditionelle handgeführte Gärung das richtige Bier für den Genießer entstehen lässt. Selbstverständlich erhielten wir nach der Führung Gelegenheit, sämtliche Biersorten zu probieren. Wir bedankten uns mit Gesang, der von den alten Backsteinmauern kräftig zurückgeworfen wurde und Braumeister wie Besucher erfreute.
Es war meine erste Sängerfahrt, und ich war stark beeindruckt, mit wieviel selbstloser Einsatzbereitschaft und Hingabe das Organisationsteam dieses Wochenende vorbereitet hatte. Nicht nur vor den Ideen, die in dieser Sängerfahrt steckten, sondern besonders vor der ganzen logistischen Organisation ziehe ich meinen Hut.
Aber auch unsere Abende waren nicht bloß von schwärmerischen oder tiefschürfenden Gesprächen erfüllt. Nein! – Wir sind ein Chor, und der genussvolle und fröhliche Gesang gehört in unsere abendliche Runde wie das Bier in die Kehle. Was ich jedoch nicht erwartet hatte, waren Beiträge unserer Sänger von denen sich das Samstagabend-Programm der ARD mal eine Scheibe abschneiden müsste.
Mit Dankbarkeit schaue ich auf die reichlich zwei Tage inmitten meiner (ich darf das jetzt sagen) Bergfinken zurück. Es waren zwei unvergessliche Tage.
Bergfink Wolle
P.S. Wie ich höre, soll sich ja nächstes Jahr einiges ändern. Dann …
Jedenfalls bin ich froh, 2026 nicht dran zu sein.







